GENERALISIERTE ANGSTSTÖRUNG

WAS IST EINE GENERALISIERTE ANGSTSTÖRUNG?

  • Menschen, die unter einer Generalisierten Angststörung (GAS) leiden, machen sich permanent Sorgen über verschiedenste alltägliche Themen, z.B. Familienangehörige, Beziehungen oder die finanzielle Situation. Sorgen sind angstbesetzte Erwartungen, die sich auf ein Ereignis beziehen, bei dem ein schlechter Ausgang befürchtet wird. Die Sorgen nehmen mehrere Stunden des Tages in Anspruch und werden von den Betroffenen als unkontrollierbar wahrgenommen. Betroffene schränken sich außerdem häufig in ihrem Leben ein, da „ja etwas passieren könnte“.
  • Ca. 6% der Bevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Generalisierten Angststörung.

WIE WIRD DIE DIAGNOSE „GENERALISIERTE ANGSTSTÖRUNG“ (NACH ICD-10: F41.1) GESTELLT?

  • Ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten mit vorherrschender Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen in bezug auf alltägliche Ereignisse und Probleme.
  • Mindestens vier Symptome der nachfolgenden Liste:
  • Vegetative Symptome: (1) Palpitationen, Herzklopfen oder erhöhte Herzfrequenz, (2) Schweißausbrüche, (3) fein- oder grobschlägiger Tremor, (4) Mundtrockenheit (nicht infolge Medikation oder Exsikkose)
  • Symptome, die Thorax und Abdomen betreffen: (5) Atembeschwerden, (6) Beklemmungsgefühl, (7) Thoraxschmerzen und -mißempfindungen, (8) Nausea oder abdominelle Mißempfindungen (z.B. Kribbeln im Magen)
  • Psychische Symptome: (9) Gefühl von Schwindel, Unsicherheit, Schwäche und Benommenheit, (10) Gefühl, dass die Objekte unwirklich sind (Derealisation) oder man selbst ist weit entfernt oder „nicht wirklich hier“ (Depersonalisation), (11) Angst vor Kontrollverlust, verrückt zu werden oder „auszuflippen“, (12) Angst zu sterben
  • Allgemeine Symptome: (13) Hitzegefühle oder Kälteschauer, (14) Gefühllosigkeit oder Kribbelgefühle
  • Symptome der Anspannung: (15) Muskelverspannung, akute und chronische Schmerzen, (16) Ruhelosigkeit und Unfähigkeit zum Entspannen, (17) Gefühle von Aufgedrehtsein, Nervosität und psychischer Anspannung, (18) Kloßgefühl im Hals oder Schluckbeschwerden
  • Unspezifische Symptome: (19) Übertriebene Reaktionen auf kleine Überraschungen oder Erschrecktwerden, (20) Konzentrationsschwierigkeiten, Leeregefühl im Kopf wegen Sorgen und Angst, (21) Anhaltende Reizbarkeit, (22) Einschlafstörungen wegen der Besorgnis.
  • Die Diagnose sollte nur durch einen erfahrenen Arzt oder Psychotherapeuten gestellt werden, der Sie beraten und in der Behandlung unterstützen kann. Bitte wenden Sie sich an einen Arzt oder Psychotherapeuten, sofern Sie den Verdacht haben, an einer Generalisierten Angststörung zu leiden.
  • Zur Ergänzung des klinischen Eindrucks wird die Diagnostik durch Fragebögen wie beispielsweise den PSWQ (Penn State Worry Questionnaire) oder den MKF (Metakognitionsfragebogen) ergänzt.

WIE ENTSTEHT EINE GENERALISIERTE ANGSTSTÖRUNG?

  • Die Ursachen für eine Generalisierte Angststörung sind vielfältig. Eine biologische und psychologische Vulnerabilität (erhöhte Anfälligkeit/Empfindsamkeit) kann ein Grund dafür sein, dass es zur Erkrankung kommt.
  • Überbehütet-Sein in der Kindheit sowie (traumatische) Ereignisse, die als nicht kontrollierbar und nicht bewältigbar erlebt wurden, tragen häufig zur Entstehung einer Generalisierten Angststörung bei.
  • Gelernte kognitive Grundannahmen und Sichtweisen wie „Die Welt ist gefährlich“ fördern das Sorgenverhalten.
  • Eine erhöhte Aufmerksamkeit für bedrohliche Informationen kann zu häufigem Sich-Sorgen führen. Die Sorgen können dann als Versuch gesehen werden, mit diesen Informationen und Situationen umzugehen und sind sozusagen eine Bewältigungsstrategie, um auf zukünftige Ereignisse vorbereitet zu sein.
  • Viele Betroffene haben außerdem Probleme, Unsicherheiten zu ertragen (Unsicherheitstoleranz).

WIE WIRD EINE GENERALISIERTE ANGSTSTÖRUNG AUFRECHTERHALTEN?

  • Sorgen verhindern, dass bildhafte und intensivere emotional belastende Gedanken entstehen. Somit wird oft unbewusst eine Konfrontation mit „Schlimmerem“ vermieden.
  • Bestimmte Tätigkeiten wie z. B. das Fahren längerer Strecken mit dem Auto (Angst zu verunglücken) werden vermieden, damit Sorgen über dieses Thema gar nicht erst aufkommen. Neben diesem Vermeidungsverhalten gibt es auch das sogenannte Rückversicherungsverhalten. Hierbei werden z. B. Kinder oder nahe Familienangehörige oft (teils mehrmals am Tag) angerufen, um zu überprüfen, ob noch alles in Ordnung ist (Kontrollanrufe). Diese Anrufe schaffen kurzfristige Sicherheit, sind aber oft belastend für das Umfeld und halten die Störung aufrecht.

Vermeidung und Rückversicherung (nach Voderholzer&Hohagen, 2018):

  • Manche Betroffenen machen sich auch Sorgen über ihre Sorgen (sogenannte Metasorgen) und versuchen daher, diese zu unterdrücken. Dieser Versuch bewirkt allerdings genau das Gegenteil: mehr Sorgen entstehen, wodurch diese wiederum als unkontrollierbar erlebt werden.
  • Andere Personen berichten, dass sie sich selbst als unfähig ansehen, Probleme zu lösen. Durch das Sorgen wird das Anwenden konkreter Problemlösestrategien unterbunden und dies schafft zunächst Erleichterung und Sicherheit.

WIE ERFOLGT DIE BEHANDLUNG EINER GENERALISIERTEN ANGSTSTÖRUNG?

  • Eine Generalisierte Angststörung ist mit Hilfe von verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten gut therapierbar. Die Wirksamkeit von Psychotherapie ist wissenschaftlich bestätigt.
  • In der Verhaltenstherapie gibt es z.B. die kognitive Therapie, in der es um die Bearbeitung von ungünstigen Gedankenmustern und einem Hinterfragen von automatisch auftretenden Gedanken geht. Die Bewertung und Interpretation von bestimmten Situationen und Reizen, die zur Aufrechterhaltung der jeweiligen Symptomatik beitragen, wird hierbei verändert.
  • Die Veränderung der verzerrten Sichtweise (negative Ausgänge von Situationen werden häufiger wahrgenommen als positive) und das Erlernen neuer Denkhaltungen sind Ziele der kognitiven Therapie einer Generalisierten Angststörung. Auch das oben erwähnte Vermeidungs- und Rückversicherungsverhalten wird reduziert.
  • Das Ausüben eines Entspannungsverfahrens kann helfen, im Alltag einen Zustand der Entspannung zu erzeugen, wenn die Sorgen auftreten. Zusätzlich erzielt das Aneignen von Bewältigungs- und Problemlösestrategien eine Verbesserung.

Ziele der Behandlung:

  • Aufbau von Krankheitsverständnis und einer vertrauensvollen therapeutischen Arbeitsbeziehung
  • Informationsvermittlung zur Störung und Entwicklung eines individuellen Krankheitsmodells
  • Selbstbeobachtung der Sorgen mithilfe von Wochenprotokollen
  • Kognitive Therapie zur Veränderung angstauslösender Gedanken, Erkennen dysfunktionaler Kognitionen, Distanzierung von „Katastrophenerwartungen“
  • Erlernen von Entspannungsverfahren (z.B. Progressive Muskelentspannung, Autogenes Training)
  • Verbesserter Umgang mit durch Sorgen auftretenden Angstgefühlen sowie Abbau von Vermeidungs- und Rückversicherungsverhalten
  • Aufbau von Aktivitäten, die mit der Angst inkompatibel sind
  • Verbesserung der Problemlösefähigkeiten
  • Rückfallprophylaxe

LITERATUREMPFEHLUNGEN UND LESETIPPS

  • Becker, Hoyer: Generalisierte Angststörung. Göttingen: Hogrefe.
  • Becker, Margraf: Vor lauter Sorgen ... Hilfe für Betroffene mit Generalisierter Angststörung (GAS) und deren Angehörige, Beltz PVU.
  • Wilms & Wilms: Meine Angst – eine Krankheit? Balance.

Diese Website verwendet Cookies. Indem Sie die Website und ihre Angebote nutzen und weiter navigieren, akzeptieren Sie diese Cookies. Dies können Sie in Ihren Browsereinstellungen ändern. Mehr erfahren

Akzeptieren