TRAUMA UND BELASTUNGSSTÖRUNG
WAS IST EINE POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG?
- Ein Trauma zu erleiden gehört leider für viele Menschen zu den schmerzlichen Erfahrungen ihres Lebens. Ein Trauma ist definiert als ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes (kurz- oder langanhaltend), die bei fast jedem eine tiefe Verunsicherung hervorrufen würde. Hierzu gehören eine durch Naturereignisse oder durch Menschen verursachte Katastrophe, ein schwerer Unfall oder Zeuge des gewaltsamen Todes anderer oder selbst Opfer von Folterung, Terrorismus, Vergewaltigung oder anderer Verbrechen zu sein.
- Typische Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung sind immer wieder auftauchende und quälende Erinnerungen (Intrusionen) an das Trauma und es besteht der erfolglose Versuch, diese zu verhindern.
- Körperlich zeigt sich eine Überreaktion, die mit Unruhe, Schwierigkeiten beim Einschlafen, Reizbarkeit, Rastlosigkeit, Schreckhaftigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, aber auch Wut und Reizbarkeit einhergehen kann.
- Typische auftretende Gefühle im Rahmen einer Posttraumatischen Belastungsstörung sind das Empfinden ständig bedroht zu sein aber auch anhaltende Gefühle von Scham, Schuld, Hilflosigkeit, Ekel oder auch Wut.
- Um die unangenehmen Erinnerungen und Gefühle nicht erleben zu müssen, wird oft versucht, alles zu vermeiden, was an das Trauma erinnern könnte (z.B. der Unfallort, Gerüche oder Menschen werden gemieden). Ein Abflachen der Gefühle (sog. Numbing) oder ein geringeres Interesse an sozialen Aktivitäten tritt unter Umständen. auf. Manchmal fehlen auch Erinnerungen an das Geschehen.
- Auch wenn viele Menschen im Laufe ihres Lebens mit traumatischen Erlebnissen konfrontiert sind, hat die Psyche in vielen Fällen die Fähigkeit, sich selbstständig von den Erfahrungen zu erholen. Direkt im Anschluss an eine traumatische Situation verschiedene Symptome zu erleben gilt als normale Reaktion und wird als solches noch nicht als eine psychische Erkrankung definiert. Bleiben die Symptome jedoch mehrere Wochen und manchmal auch jahrelang bestehen, spricht man von einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). In diesem Fall kann durch eine psychotherapeutische Behandlung eine deutliche Entlastung erreicht werden.
WIE WIRD DIE DIAGNOSE „POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG“ (NACH ICD-10: F43.1) GESTELLT?
- Die Betroffenen sind einem kurz- oder langhaltenden Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophalen Ausmaß ausgesetzt, das nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde.
- Anhaltende Erinnerungen oder Wiedererleben der Belastung durch aufdringliche Nachhallerinnerungen, lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume oder durch innere Bedrängnis in Situationen, die der Belastung ähneln oder mit ihr in Zusammenhang stehen.
- Umstände, die der Belastung ähneln oder mit ihr im Zusammenhang stehen, werden tatsächlich oder möglichst vermieden. Dieses Verhalten bestand nicht vor dem belastenden Erlebnis.
- Eines der beiden folgenden Kriterien:
-
(1) Teilweise oder vollständige Unfähigkeit, einige wichtige Aspekte der Belastung zu erinnern.
- (2) anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensitivität und Erregung (nicht vorhanden vor der Belastung) mit zwei der folgenden Merkmale: (a) Ein- und Durchschlafstörungen, (b) Reizbarkeit oder Wutausbrüche, (c) Konzentrationsschwierigkeiten, (d) Hypervigilanz, (e) erhöhte Schreckhaftigkeit.
- Die Kriterien treten innerhalb von sechs Monaten nach dem Belastungsereignis oder nach Ende einer Belastungsperiode auf. In einigen speziellen Fällen kann ein späterer Beginn berücksichtigt werden, dies sollte aber gesondert angegeben werden.
- Die Diagnose sollte nur durch einen erfahrenen Arzt oder Psychotherapeuten gestellt werden, der Sie beraten und in der Behandlung unterstützen kann. Bitte wenden Sie sich an Arzt oder Psychotherapeuten, sofern Sie den Verdacht haben, an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu leiden.
- Zur Ergänzung des klinischen Eindrucks wird die Diagnostik durch Fragebögen wie beispielsweise die IES-R, der TSF oder PDEQ ergänzt.
WIE ENTSTEHT EINE POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG?
- Das Trauma ist nicht mit unseren bisherigen Erlebnissen vereinbar und stellt damit eine schwere Erschütterung unserer Weltsicht und des Gefühls von Sicherheit und Kontrollierbarkeit dar. Intrusionen und Erinnerungen an das Trauma treten nach dem Ereignis häufig auf und drängen nach einer Verarbeitung und Einordnung des Erlebten. Findet durch Vermeidung diese Verarbeitung nicht statt, bleibt das ungewollte Wiedererinnern bestehen und eine PTBS kann sich entwickeln.
- Eine PTBS wird dann chronisch, wenn Betroffene dauernd eine gegenwärtige Bedrohung wahrnehmen. Sie verarbeiten das Trauma so, dass sie überall Gefahren sehen, dass sie sich die Schuld geben oder denken, dass sie „verrückt“ werden. Das Vertrauen in die Welt und andere Menschen ist zum Teil tief erschüttert. Zusätzlich wird das Erlebte nicht ins Gedächtnis integriert und ein sog. Trauma-Gedächtnis entsteht. Ungewolltes Wiedererinnern und Schwierigkeiten sich an Einzelheiten zu erinnern und Informationen willentlich abzurufen, können dadurch erklärt werden. Selbst nur annähernd ähnliche Reize können an das Trauma erinnern und ein Wiedererleben auslösen.
- Das Fehlen von sozialer Unterstützung in der Zeit nach dem Trauma kann das Entstehen einer PTBS begünstigen.
- Bei schweren und langandauernden traumatischen Ereignissen, können auch Dissoziationen auftreten. Dabei verliert die Person z.T. das Bewusstsein über Zeit und Raum und ist unter Umständen wieder im Geschehen des Traumas verhaftet.
Einteilung (nach Margraf&Schneider, 2009):
WIE WIRD EINE POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG AUFRECHTERHALTEN?
- Die Intrusionen und das ungewollte Wiedererleben werden als sehr unangenehm empfunden. Betroffene versuchen in der Regel, Gedanken an das Trauma und alles was damit zusammenhängt, wegzuschieben oder zu kontrollieren. Dennoch werden die schmerzlichen Erinnerungen immer wieder erlebt und gehen mit starken Gefühlen und körperlichen Reaktionen einher. Solche Symptome können die Wahrnehmung entstehen lassen, das Trauma sei noch nicht vorbei und fördern das Gefühl, immer noch hilflos ausgeliefert zu sein. Eine Verarbeitung des Erlebten kann nicht in bestehende Erfahrungen integriert werden. Die Vermeidung schafft kurzfristig Erleichterung, verhindert jedoch langfristig ein Durcharbeiten und Abschließen des Erlebten.
- Negative Gedanken (z. B. „Ich bin schuld“, „Ich kann nie wieder glücklich werden“) und Grübeln über die eigene Verantwortlichkeit („Vielleicht hätte ich es verhindern können“) bewirken zusätzlich, dass das Trauma nicht verarbeitet und „ad Acta“ gelegt werden kann. Das traumatische Erlebnis wird zum zentralen Lebensinhalt.
WIE ERFOLGT DIE BEHANDLUNG EINER POSTTRAUMATISCHEN BELASTUNGSSTÖRUNG?
Die wichtigsten Elemente einer erfolgreichen Behandlung:
- Die Symptome der PTBS genau zu erkennen und verstehen zu lernen
- Identifikation von Triggersituationen durch Selbstbeobachtung
- einen Umgang mit aufkommenden Gefühlen und Erinnerungen lernen
- mittels verschiedener Übungen den Teufelskreis aus Symptomen, Vermeidungsverhalten und ungünstigen Bewertungen zu durchbrechen
- lernen sich mittels verschiedener Methoden zur Verarbeitung des Traumas (wie beispielsweise dem EMDR) den Erinnerungen zu nähern, um diese zu verarbeiten
- mittels kognitiver (=gedanklicher) Übungen die negativen, selbstschädigenden Bewertungen des Traumas und seiner Konsequenzen zu verändern
- Strategien lernen, sich wieder in angstauslösende, bedrohlich erscheinende Situationen zu begeben und diese zu meistern
- Rückfallprophylaxe
LITERATUREMPFEHLUNGEN UND LESETIPPS
- Boos, Anne: Traumatische Erlebnisse bewältigen – Hilfen für Verhaltenstherapeuten und ihre Patienten, Hogrefe
- Ehring, Ehlers: Ratgeber Trauma und Posttraumatische Belastungsstörung, Hogrefe